Samstag, 25. Mai 2013

Stein der Anstoßes neuer Verwendungsweisen





Innovativ wie kein anderer Baustein der Welt ist jener, der uns entdecken ließ, dass Welten erbaubar sind: der Lego-Stein. Er lehrte uns, wie konstruktives Denken phantastische Pläne realisierbar macht, kaum dass wir der Sprache mächtig waren.

Wir, das sind alle vom sechsten bis zum sechzigsten Lebensjahr. Denn seit 1949 ist der bunte Stein aus Kunststoff aus keinem Kinderzimmer wegzudenken. Heute ist Lego mit 8000 Mitarbeitern in 130 Ländern das viertgrößte Spielwaren-Unternehmen der Welt. Der Stein jedoch, auf dem die Legowelt errichtet wurde, ist stets der gleiche geblieben.

Wie ist so viel Kontinuität inmitten einer dem beschleunigten Wandel verschriebenen Epoche möglich?  Einfachheit und Beharrungsvermögen, möchte man meinen. Wahr ist das Gegenteil. Denn ein Höchstmaß an Komplexität und Ausdifferenzierung bietet nicht allein die Lego-Produktwelt, sondern der vom Prinzip elementarer Kombinatorik eröffnete Freiraum des Schöpferischen.

Die Firmengeschichte beginnt nicht nur mit der Innovation, den Matador ins Plastikzeitalter überzuführen, sie bleibt dem Prinzip der Innovation so treu wie der Konstruktion ihres ersten Steins. Steuerungscomputer seit 1986. Roboter 1998. Virtuelle Welten 2001. Augmented Reality 2009.

Der Lego-Stein mit seiner zweitausendstel Millimeter genauen Steckform, die Stabilität und Flexibilität vereinbar macht, ist zwar für sich schon ein Produkt voll Weisheit und Qualität. Seine wertschöpfende Kraft jedoch hat er als Stein des Anstoßes von Innovationen offenbart. Er ist ein Aufforderer  zum Weiterdenken, ein Lehrmeister des Planens, ein Verführer zu rationalem Gestalten. Ganz einfach ist er, und ganz einfach innovativ.

Freitag, 10. Mai 2013

Der Beitrag der Befremdlichkeit zur Identifikation des Neuen





Gedanken über das Neue sollten neu sein. Sind sie das nicht, erkennt das der Leser daran, dass sie ihm auf Anhieb plausibel erscheinen. Wiederholtes Kopfschütteln während der Lektüre kann als Test-Indikator des Neuheitsgrades dienen. Zustimmendes Nicken hingegen sollte den Verdacht wecken, das Neue könnte seinen Namen nicht verdient haben. Denn die Begegnung mit Neuem weckt automatisch Gefühle der Ablehnung, unabhängig davon, ob dieses wohl begründet oder substanzlos ist. Vor jeder Einsicht in die Nachvollziehbarkeit eines neuen Gedankens ist eine hohe Schwelle kognitiver Dissonanz zu überwinden.

Das Neue ist anfangs ein Fremdes. Befremdlichkeit ist seine Anmutung, alle spontanen Affekte hat es gegen sich. Schließlich gefährdet es wie nichts anderes das Bestehende und alles schon Verstandene. Da es sich prinzipiell in die vorhandene Ordnung nicht einordnen lässt, wirkt es irregulär, irrig und irr.

Damit man dem Neuen einen Weg bahnen kann, muss man sich zuerst der Widerstände bewusst werden, die ihm entgegen stehen. Die affektive Abwehr, die man in sich selbst erlebt, sollte man nicht vorschnell beiseite schieben, sondern erst einmal zulassen und als Teil von sich annehmen, bevor man diesem Teil seinen ihm gebührenden, nicht sehr prominenten Platz anweist. Hat man sich die eigene Innovationsfeindlichkeit einmal verziehen, wird man sich besser in die seelischen Abläufe und Befindlichkeiten der Innovationsbremser im Umfeld hinein versetzen können. Dies ist der Schlüssel, um eigene wie fremde Blockaden entsprerren und Zugänge bahnen zu können. Schwer zu verstehen ist nicht nur das Neue, sondern auch der Widerstand, auf den es trifft. Wer seine Feinde gut kennt, kann sie leichter überwinden.

Somit ist die Befremdlichkeit des Neuen einerseits sein Erkennungszeichen, andererseits sein Zugangshemmnis. Aus dem anfänglichen Widerstand sind keine Schlüsse darauf zu ziehen, ob es sich um eine geniale Innovation oder einen Bluff handelt. Neues muss vorerst im Kopf weh tun. Daran erweist sich jedoch nur seine Neuigkeit, nicht seine Tragfähigkeit. Erst im Umgang mit dem so identifizierten Neuen wird sich weisen, ob man selbst innovationsfähig ist. Und ob die Innovation entwicklungsfähig ist.